Page 8 - TUD Kinder-Universität - Band 4
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Wie kam Diogenes ins Fass?

          xis. Sie schloss nicht aus, dass ein Phi-  ben. Sie wird oft nur nicht so förm-
          losoph wie Thales im Alltag eben auch  lich erkannt. Platon, wie gesagt, hielt
          ein recht geschäftstüchtiger Mann  das Staunen für den Anfang der Phi-
          war. Die Philosophen im alten Grie-  losophie. Na, da sind wir doch mit-
          chenland standen mitten im Leben!  ten in unserer  Zeit  und ihren Kin-
                                           dern! Wer philosophiert, zeigt also
          Und wo stehen sie heute? Vieles hat  Neugier. Wer philosophiert, erkennt
          sich, wie eingangs schon angedeutet,  zumindest die richtigen Fragestel-
          inzwischen verändert. Philosophen  lungen. Und wer philosophiert, gibt
          treten weniger oder gar nicht an die  sich nicht mit schnellen, spontanen
          Öffentlichkeit, sie werden aber auch  Antworten zufrieden.
          weniger gehört und gefragt. Auftritte
          im Fernsehen sind sehr selten. Brau-  Solche Eigenschaften und Fähigkei-
          chen wir Leute nicht mehr, die  ten gelten doch wohl in ganz beson-
          gründlicher über die uns letztlich be-  derer Weise für Kinder! Alle Kinder
          wegenden Fragen nachdenken? Das  sind auf ihre Weise Philosophen. Die
          Nachbarland Frankreich zeigt sich  besonders schlauen Leser werden sich
          aufgeschlossener. Philosophen geben  jetzt daran erinnern und einwenden,
          häufiger Interviews,  beteiligen sich  dass Philosophie wörtlich „Liebe zur
          an öffentlichen Diskussionen oder  Weisheit“ bedeutet. Weisheit kommt
          treten in literarischen Sendungen  doch aber erst mit einem langen Bart,
          auf, die Bücher besprechen.      also mit dem Alter, meinen wir land-
                                           läufig. Also können Kinder doch
          Wenn  Philosophen sich  auch  heute  noch gar nicht philosophieren?
          so  öffentlich  einmischen,  dann  ste-
          hen sie letztlich in der Nachfolge des  Das wäre nun wirklich Wortklaube-
          berühmten Sokrates und vieler ande-  rei. Denn tatsächlich kann jeder in
          rer  Griechen.  Sokrates  war  ein  öf-  seinem Alter und auf seiner Stufe mit
          fentlicher Mensch und stand stets im  der richtigen Einstellung philoso-
          Gespräch mit Jugendlichen wie auch  phieren. Das heißt nichts anderes, als
          mit älteren Bürgern.             seiner Neugier freien Lauf zu lassen
                                           und nach Wahrheit zu suchen. Und
          Denn Philosophie hat unverändert  nach dem eigenen Weg durchs Le-
          eine große Bedeutung für unser Le-  ben. Im 19. Jahrhundert ist mit der



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