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Liebe und andere Krankheiten
               Emotionen in mittelalterlicher Literatur

               Averkova, Anastasia| anastasia.averkova@mailbox.tu-dreden.de
               Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften, Technische Universität Dresden
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               Die Schilderung exzessiv wirkender Emotionalität in mittelalterlichen Werken mag befremdlich wir-
               ken: Figuren werden buchstäblich krank vor minne (heute würden wir vielleicht Liebe sagen). Aus
               minne zu einem Freund werden die eigenen Kinder umgebracht, damit dieser durch ein Blutbad
               geheilt werden kann. So ist es zum Beispiel im circa 1273/74 geschriebenen ,Engelhard' Konrads
               von Würzburg. Auch Gewalt, als Minneritter im Turnier, beim Gottesurteil oder zur Machtdemonst-
               ration, werden häufig mit scheinbar maßlosen Emotionen in Verbindung gebracht.

               Nun scheint die These einer primitiven mittelalterlichen Gesellschaft, die ihre sogenannten Affekte
               nicht unter Kontrolle hat, überholt. Der Beitrag soll in Abgrenzung dazu danach fragen, welche
               Funktionen Emotionen und ihre Schilderung erfüllen kann, selbst wenn sie unkontrolliert und gar
               kontrollierend auftreten. Ausgehend von den Lexemen minne (Liebe), zorn (Zorn) und nît (Neid)
               lassen sich die Semantiken und Narrativierungen der Emotionen, für die sie einstehen, semasiolo-
               gisch untersuchen und im Close Reading des Werkes interpretieren. Im Vordergrund kann dabei
               die für das Mittelalter enorme Normverletzung stehen: Der Protagonist Engelhard, ein niederer
               Adliger, schläft mit der Königstochter Engeltrut und steigt, anstatt hingerichtet zu werden, zum
               König von Dänemark auf.

               Es soll gezeigt werden, dass nicht unerheblich zur Bewertung von Engelhards Verantwortung bei-
               trägt, wie seine und anderer Emotionen ausgedrückt, erzählt und sowohl auf Ebene von den Figu-       GEISTES- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN
               ren als auch vom Erzähler bewertet werden. Letztlich ergibt sich aber auch, dass literarische Nar-
               rative nicht nur je historisch variable Konzeptionen von Emotionen wie der Liebe hervorbringen,
               sondern diese bis in die Gegenwart auch im Alltag wirkmächtig sind. (Es heißt manchmal, die Liebe
               sei in der Literatur des Mittelalters erfunden worden.)




































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