Page 7 - Jahresbilanz 2022 - Zentrum für Lehrerbildung, Schul- und Berufsbildungsforschung (ZLSB)
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Trendumkehr seit 2012
Im Angesicht des sich immer stärker abzeichnenden
Lehrkräftemangels beschloss das Kabinett 2010 eine Re-
form der Lehrkräftebildung (modularisierte Lehramtsstu-
diengänge mit Staatsprüfung). Erstmalig wurden zudem
von den Ministerien Zielzahlen (650 Immatrikulationen in
allen vier Studiengängen) mit der Hochschule vereinbart,
welche schrittweise erhöht wurden (2016: 785, 2021:
890). Zunehmend wurde der politische Fokus auf die
Bedarfsdeckung in bestimmten Lehrämtern und Fächern
gelegt, dem die TUD nicht in allen Fällen gerecht werden
kann. Mit der Wiedereinführung des LA GS und LA OS
erholten sich die Immatrikulationen ins 1. Fachsemester
im Lehramt etwas stärker als die Abiturientenzahlen im Immatrikulationen in das 1. Fachsemester im Lehramt seit dem Jahr 2000 (Stand: 17.02.2023), © ZLSB
gleichen Zeitraum, die sich bei ca. 10.000 Abiturient:in-
nen stabilisiert haben. LA GS hat sich seit 2018 aufgrund der begrenzten Anzahl Große Unterschiede im berufsbildenden Lehramt
an Studienplätzen abgeschwächt. Die Zielzahlen werden Die TUD ist der größte Standort für das Lehramt an
Der Proporz zwischen den Studiengängen hat sich seit seit 2012 beständig erfüllt. Gleiches ist im LA OS zu berufsbildenden Schulen in Deutschland. Die meisten
dem Jahr 2000 nur geringfügig verändert. Dennoch wird beobachten, obwohl dort nahezu alle Beschränkungen Immatrikulationen verzeichnen die personenorientierten
deutlich, dass sich der Anteil an Studierenden des LA GY aufgehoben und demnach alle Studierenden zugelassen Dienstleistungen (Gesundheit und Pflege/Lebensmittel-,
leicht zugunsten des LA GS und LA OS, wo der Bedarf wurden. Hier scheint anders als im LA GS, wo die wei- Ernährungs- und Hauswirtschaftswissenschaft/Sozialpä-
an den Schulen größer ist, verringert hat. Die Studieren- terhin hohe Nachfrage zu einem hohen N. c. führt, eine dagogik). Diese Studierenden stehen für die Mehrheit
denzahlen im LA GS und OS entwickeln sich seit 2012 Wachstumsgrenze erreicht zu sein. Höhere Zielzahlen der Immatrikulierten. Niedrigere Studierendenzahlen
besser als in der ersten Dekade des 21. Jh. Die Wieder- führen nicht zu mehr Studierenden. weisen die gewerblich-technischen Fachrichtungen auf.
einführung ist damit ein großer Erfolg. Dennoch waren Die Situation ist unverändert. Die mit den personenori-
zehn Jahre an Aufwuchs für das Wiedererreichen der Gymnasiallehramt mit höherer Attraktivität entierten Dienstleistungen verbundenen Berufe weisen
Gesamtstudierendenzahl im Lehramt von 2007 notwen- Das LA GY hat generell eine höhere Attraktivität für vergleichsweise höhere Auszubildendenzahlen auf. Ein
dig. Dabei stiegen die Studierendenzahlen im Lehramt die Studienbewerber:innen. In den letzten 20 Jahren Wechsel in das LA BBS ist attraktiv, da damit ein deutli-
entgegen des allgemeinen Trends. Die Lehramtsstudie- verzeichnet es mit Abstand die meisten Bewerber:innen cher berufsbiographischer Aufstieg verbunden ist. Die
renden bilden nunmehr die größte Erstsemestergruppe und Immatrikulierten. Ursächlich dafür ist die eigene gewerblich-technischen Berufe stehen hingegen in star-
an der TUD (12 %). Alle Lehramtsstudierenden aller biographische Verbundenheit der Bewerber mit der ker Konkurrenz mit dem Handwerk und den Ingenieurs-
Fachsemester bilden die größte Kohorte aller Studieren- Schulart, aber auch eine höhere objektive wie subjektive studiengängen. Hinzu kommt, dass in Verbindung mit
der an der TUD (14 %). Die Dynamik des Aufwuchses im Attraktivität (Status, Wahrnehmung in Öffentlichkeit und der Berufsausbildung die Ausbildungsdauer im LA BBS
eigenen Umfeld, etc.). Die Mehrheit der Interessierten die längste von allen Lehrämtern (9-10 Jahre) ist.
an einem Sekundarschullehramt wählt das LA GY (z. B.
Fach Englisch: 2022 entschieden sich nach bestandenem Stabile Studierendenzahlen mit positivem Trend
Sprachtest 89 Studierende für das LA GY und lediglich 11 Nichtsdestotrotz sind die Studierendenzahlen im LA BBS
Studierende für das LA OS). an der TUD stabil und bewegen sich in einer Spanne
von 110 – 190 Studienanfänger:innen pro Jahr. Im Mittel
Herausforderungen der Steuerung beginnen 150 Studierende. Der Trend ist seit dem Jahr
Die Hochschulen können insofern steuernd eingreifen, 2000 leicht positiv. Wohingegen sich die Zielzahlen seit
als dass sie die Kapazitäten zugunsten des LA OS im LA 2016 stetig und deutlich vom Mittelwert entfernen (2012:
GY verknappen. Ein entsprechendes ‚Umlenken‘ findet 204, 2016: 210, 2021: 240). Auch hier führen höhere
in der Praxis statt, führt jedoch zu Unzufriedenheit bei Zielzahlen nicht automatisch zu mehr Studierenden.
den Studierenden. Insbesondere unter den Studieren- Ohne die Einführung weiterer Fachrichtungen mit ho-
den des Lehramts an Oberschulen ist ein großer Anteil hem Studierendenpotential sind die Zielzahlen von über
vorzufinden, welcher einen anderen Lehramtsstudien- 200 Erstsemestern pro Jahr nicht zu erreichen. Weitere
gang präferiert hätte (lieber LA GS: 53,6 %, lieber LA GY: Beiträge können das Beibehalten verstärkter Werbemaß-
41,6 Prozent; ZLSB 2020 - Motive der Studienwahl). Im nahmen und die Fortführung von Projekten zur Erschlie-
Gesamtbild ergibt sich, dass das LA OS immer dann bei ßung weiterer Studierendengruppen (z. B. OptLA) leisten.
den Immatrikulationen profitiert, wenn die allgemeine
Nachfrage nach Studienplätzen im Lehramt hoch ist (z.
B. 2004, 2012, 2018, 2019). Die beiden Sekundarschul- Geschäftsführer
lehrämter zusammenbetrachtet hat die TUD die Zielzah- Martin Neumärker
len fast durchgängig in den letzten zehn Jahren erfüllt.
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